Sonntag, 17. Juli 2016
Rückreise - September 2015
Es war so weit. Nach vier Ländern (sieben, wenn man die zwei Umstiege und Nordkorea mitzählt), 20 Unterkünften, 25 Städten (ja gut, sagen wir besser „Ortschaften“, denn es gab auch Arthur’s Pass und Co.), 24* Betten, ca. 4.250 Kilometern auf dem Land- und Seeweg sowie grob geschätzt 32.720 Kilometern in der Luft brachen wir zur letzten Etappe dieses Abenteuers auf: dem Heimweg.

Wir stolperten in die vierte Etage des Hostels, packten unsere Rucksäcke, verabschiedeten uns vom Personal und brachen Richtung Flughafen auf. Die Anbindung hatten wir schon Tage zuvor herausgesucht (bei der Ankunft, um genau zu sein) und planten heute genug Zeit ein, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Es trafen keine ein, alles lief reibungslos, man ließ uns anstandslos das Land verlassen. So saßen wir mal wieder an einem Flughafen, gaben unsere Gepäck zum – vorerst – letzten Mal auf und begaben uns zu unserem Gate. Dieses Mal allerdings war etwas anders: Wir hatten Spaß. Es war diese Art von Spaß, die man hat, wenn man eine phantastische Zeit verbrachte, sich darüber im Klaren ist, dass man bald wieder in einen weniger abenteuerlichen Alltag zurückkehrt, und daher die letzten Momente noch auskosten will. Außerdem hatte Korea einen bleibenden Eindruck hinterlassen und saß uns immer noch in den Knochen. Um dies gebührend offenzulegen, feierten wir unsere Zeit mit vielen sinnlosen Fotos.

Da unser Flug recht spät startete, stellte ich mich mental auf einen langen, jedoch unruhigen Schlaf ein. Unsere Fluggesellschaft war mal wieder Emirates, so dass ich mir zumindest vom Essen viel versprach. Wenn man von meiner Erwartungshaltung ausgeht, wurde ich bitter enttäuscht. Tatsächlich war ich jedoch erleichtert. Nach einem Mitternachtssnack schickten sich die meisten Fluggäste zur Nachtruhe, mich eingeschlossen. Das Beste daran war die Anzahl der Passagiere: Obwohl es eine vergleichsweise kleine Maschine war, gab es nicht viel Gäste, wodurch teilweise ganze Sitzreihen leer waren. Selbstverständlich nutzte ich diese Gelegenheit schamlos aus und legte mich zum Schlafen hin. Dank des richtigen Aufklebers wurde ich rechtzeitig zu allen Mahlzeiten geweckt. Auch wenn es ein unruhiger Schlaf war, hatte ich mehr davon als auf den vergangenen Flügen und war tatsächlich ein bisschen erholt.

Dann kamen wir – erneut – in Dubai an und hatten – erneut – mehrere Stunden totzuschlagen. Dieses Mal hatten wir allerdings den Vorteil, dass wir uns bereits auskannten und darüber hinaus wacher als beim vorhergehenden Aufenthalt waren, was zugegebenermaßen keine Herausforderung war. Außerdem beinhaltete unser Flugticket heute einen Essensgutschein für einen kostenlosen Snack inklusive Getränk bei Costa Coffee (oder einen anderen Anbieter einer überschaubaren Liste), was wir uns nicht entgehen ließen. Es sah so aus, dass andere Leute ebenfalls diesen Gutschein erhalten hatten, wodurch die Schlange bei Costa Coffee länger als gewöhnlich war. Aber wir hatten sonst nicht viel zu tun. Wir fragten zuerst, was wir mit diesem Gutschein überhaupt erwerben durften, weil die Formulierung recht vage gehalten wurde.

Für meine Reisebegleitung entstand das Problem, dass alle Sandwiches, aus denen wir aussuchen konnten, eine Zutat enthielten, die ihren Gaumen ganz und gar nicht erfreute: Tomaten. Da alles Essen abgepackt war und im besten Fall nur kurz in einem kleinen Elektrogrill erwärmt wurde, gab es keine Möglichkeit der Sonderwünsche. Wir einigten uns schlicht darauf, dass sie die Tomaten weglassen musste.

So sah unser Frühstück in Dubai aus:

Frühstück bei Costa Coffee im Flughafen Dubai

Zweiter Teil des Frühstücks bei Costa Coffee

Es war gar nicht schlecht. Für den Preis sogar erstaunlich gut. Also alles in allem genau das, was man in Dubai erwarten würde. Außerdem half es uns dabei, ein bisschen Zeit rum zu bekommen.

Aufgrund des hohen Andrangs bei Costa Coffee wollten wir die Plätze nicht länger als nötig belegen, so dass wir zügig aßen und uns wieder auf den Weg durch den Flughafen von Dubai machten. Ich spazierte erneut durch dieses riesige Gebäude mit exotischem und teurem Dekor, machte Fotos (von denen ich nicht weiß, ob ich sie online stellen darf), verschickte eine Postkarte (die tatsächlich ankam – im Gegensatz zu jener aus Indonesien) und wartete auf unseren letzten Flug. Es war keine besonders spannende Zeit.

Beim Boarding gab es dann doch eine Überraschung. Zwischen unserem Flugticketkauf und unserem Rückflug aus Dubai war fast ein Jahr ins Land gezogen. In dieser Zeit hatte Emirates zwei Flüge zusammengelegt und sich einige Flugzeuge des Typs Airbus A380 besorgt, was für uns zur Folge hatte, dass unsere Sitzplatzwünsche überhaupt keine Berücksichtigung gefunden hatten. Anstatt also am Gang und einen daneben, bekamen wir den Fensterplatz und einen daneben. Der arme Tropf, der jetzt zwischen uns und dem Gang saß, tat mir beinahe leid. Das verging allerdings schon bald.

Entweder war dieser Flug nur für Deutsche reserviert oder aber wir saßen in dem Teil mit der größten Konzentration dieser Nationalität. Wie dem auch sei, wir wussten schon von Anfang an, wohin die Reise ging. Alle Leute um uns herum waren gereizt, meckerten, beschwerten sich und hatten es eilig. Der Urlaub war offensichtlich vorbei.

Zu allem Überfluss hatten wir auch noch eine reizende Flugbegleiterin. Reizend in dem Sinn, dass sie mich reizte. Schon von weitem fiel sie durch einen Teint auf, der zwischen brathähnchengold und orange lag. Ihr Lächeln war eine verzerrte Grimasse, die aus einem Tim Burton Film zu stammen schien. Alternativ dazu fletschte sie ab und an die Zähne, als wollte sie ihr Revier gegen mögliche Eindringlinge verteidigen. Das Make-Up dieser Stewardess erinnerte mich an eine Dreizehnjährige, die mit Hilfe ihrer Buntstifte zu einer Barbie mutieren wollte. Ihr Verhalten den Fluggästen gegenüber war im besten Fall taktlos, im schlimmsten unverschämt. Irgendetwas an dieser Person strahlte etwas Vertrautes aus. Wir hegten unsere Theorien, tuschelten miteinander und waren entsetzt, als sie sich als wahr herausstellten: Die Dame war Deutsche.

Um nur einige Beispiele für ihr unangebrachtes Verhalten zu nennen: Es begann damit, dass ein Fluggast neben von uns nach einer zusätzlichen Decke fragte, weil er die Klimatisierung von Flugzeugen generell zu kühl fand. Sie wimmelte ihn damit ab, dass sie im Moment keine Zeit hätte, sich darum zu kümmern. Vielleicht würde sie im Laufe des Fluges nachsehen können, aber er sollte sich keine allzu großen Chancen ausrechnen. Es ging damit weiter, dass sie – nach dem Start – mit einem weiteren Passagier klönte und dabei kein gutes Haar an ihrem derzeitigen Arbeitgeber ließ. Solch ein Verhalten finde ich unprofessionell und unnötig. Als wir dann unsere Mahlzeiten bekamen, verzichtete Franziska auf ihre Portion, weil sei immer noch satt war. Allerdings wünschte sie etwas zu trinken. Da sie kein Tablett mit Geschirr bekommen hatte, war sie derzeit auch nicht im Besitz eines Bechers, was zu folgendem Dialog führte:
F: „I’d like some tea, please.“ („Ich hätte gerne Tee.“)
S: „Where is you cup?“ („Wo ist Ihr Becher?“)
F: „I didn’t eat.“ („Ich habe nicht gegessen.“)
S: „So you don't have a cup.“ („Also haben Sie keinen Becher!“)
F: „Then you have to fetch one!“ („Dann müssen Sie einen holen!“)

Die Entrüstung ob der Tatsache, dass wir von dieser Dame tatsächlich verlangten, ihren Job zu machen, war schockierend. Wir waren erst einmal baff. Ab diesem Moment stand für uns fest, dass wir, obwohl der deutschen Sprache mächtig, uns mit dieser Stewardess ausschließlich auf Englisch unterhalten würden. Sie fand im Laufe der sechs Flugstunden heraus, dass wir aus Deutschland stammen, doch selbst als sie uns in dieser Sprache ansprach, antworteten wir auf Englisch. Es war uns einfach zu peinlich, diesen nationalen Zusammenhang zuzugeben.

Das Essen war jedenfalls lecker, wie ich es von Emirates mittlerweile nicht mehr anders erwarte:

Letzte Mahlzeit im Emirates-Flugzeug nach Düsseldorf


Wieder in Deutschland (das waren noch einmal insgesamt 12.923 Kilometer Flugstrecke mehr) stellten wir fest, traf uns der Kulturschock dann doch unvorbereitet. Die Annahme, dass Japan eine Linderung verschaffen könnte, stellte sich als falsch heraus. Was im Flugzeug angefangen hatte, ging im Terminal weiter. Leute drängelten und schubsten, wollten überall zuerst sein. Jeder hatte es eilig.

Eilig sich in einer Schlange anzustellen, um durch die Passkontrolle zu gelangen. Zum ersten Mal seit Monaten durften wir uns in die Schlange mit „nicht ausländischem“ Pass einreihen. In unserem üblichen Tempo, das nun wirklich nicht als zögerlich zu bezeichnen war, stapften wir zum Schalter, der in zwei Reihen geteilt war. Plötzlich tauchte ein Mann rechts von uns auf, zog einen halben Schritt schneller an uns vorbei, gab uns einen Blick zwischen Schreck und Verachtung und stellte sich einen fußbreit vor uns in die Schlange. Nun, er stand mehr neben als vor uns, ignorierte uns aber so offensichtlich, dass es schon peinlich war. Wir sahen uns verwirrt an. Wahrscheinlich hatte er dringende Termine. Parallel zu uns wuchs eine zweite Schlange. Wir fanden es seltsam, dass die Leute sich nicht einfach in eine Schlange stellten, um dann an den nächsten freien Schalter vorzutreten.

Eilig zum Gepäckband zu kommen, obwohl noch gar kein Gepäck drauf war. Als ich unser Gepäck holen wollte, weil ich es ankommen sah, hatte ich Probleme durch die wartende Menschenmenge durchzukommen, die offensichtlich nur dastand. Anscheinend waren ihre Sachen noch nicht da, aber das hieß nicht, dass sie einen Schritt vom Förderband zurücktreten würden. Vielleicht glaubten die Leute, ich würde ihnen ihren Platz am Band wegnehmen oder so ähnlich. Selbst als ich mit zwei Rucksäcken beladen zurück durch die Menge wollte, machte man mir nur widerwillig Platz. Jemand, der mir mit dem Gepäckwagen vors Schienenbein fuhr, weil er mit seinem Handy spielen musste, entschuldigte sich nicht einmal. Es war erschreckend. Ein Hauen und Stechen als stünde der Jüngste Tag vor der Tür.

Wir fragten uns, wann der nächste Flug nach Seoul ging. Schließlich hatten wir all unsere Habe, seufzten traurig und begaben uns zum Ausgang.

Und dann… waren wir wieder zu Hause. So langsam dämmerte uns, dass diese sieben Monate währende Reise tatsächlich zu ihrem Ende gekommen war. Vorerst würden wir hier bleiben…



Vielen Dank an alle meine Leser. Bei meiner nächsten Reise in die Ferne werde ich den Blog einfach fortsetzen.

Zum Abschluss noch ein schönes Foto von Europa aus dem Flugzeug.

Europa aus der Luft



* (Bei dieser Statistik griff ich auf das FIN [Franziska’s Institute of Numbers] zurück und bedanke mich für die Kooperation.)

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Das war ein sehr schöner Reisebericht
Ich habe mit grossem Interesse mitgelesen! Bis zum nächsten Mal!

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